Enge kantonale Gestaltungsspielräume bei Steuersatzerhöhungen für von GloBE betroffene Unternehmungen

  • Autor/Autorin: René Matteotti
  • Beitragsart: Abhandlungen
  • Rechtsgebiete: Steuerumgehung, Gewinnverschiebung & Missbrauch, Andere Abgaben und Steuern, Einkommens- & Gewinnsteuer, Internationales Steuerrecht, Interkantonales Steuerrecht, Kantonales & Kommunales Steuerrecht, Direkte Steuern, Materielles Recht, Formelles Recht
  • Zitiervorschlag: René Matteotti, Enge kantonale Gestaltungsspielräume bei Steuersatzerhöhungen für von GloBE betroffene Unternehmungen, ASA 92 (2023/2024)
Artikel 197 Ziffer 15 Absatz 6 der Bundeverfassung zur Einführung einer bundesweiten Mindestbesteuerung für grosse Unternehmensgruppen legt fest, dass der Bund 25 % des Rohertrags der von ihm erhobenen Ergänzungssteuer erhält, während den Kantonen, zu denen die von der Mindestbesteuerung betroffenen Unternehmen gehören, 75 % zustehen. Diese Verteilungsregel wirkt lenkend: Je weniger die Kantone die durch die Mindestbesteuerung erzielten Gewinne ausschöpfen, desto höher fallen die Einnahmen aus der eidgenössischen Ergänzungssteuer aus, die dem Bund zufallen.
Vor diesem Hintergrund haben bereits verschiedene Kantone beschlossen, zusätzliche Gewinnsteuertarifstufen (sog. Zwei- oder Mehrstufentarife) einzuführen, deren Anwendung von der Höhe des steuerbaren Gewinns abhängig ist. Das Ziel besteht dabei darin, möglichst viele der von der GloBE-Mindestbesteuerung betroffenen steuerpflichtigen Gesellschaften annäherungsweise an die GloBE-Mindestbesteuerung von 15 % heranzuführen. Allerdings ist die Einführung eines progressiven Gewinnsteuertarifs keine gezielte Massnahme, da Gesellschaften, die nicht von der Mindestbesteuerung betroffen sind oder den GloBE-Mindestbesteuerungssatz von 15 % auch bei Anwendung des statutarischen Basisgewinnsteuersatzes erreichen, aufgrund des erzielten Gewinns ebenfalls unter den höheren kantonalen Gewinnsteuersatz fallen könnten. Dadurch könnte für diese Gesellschaften eine Verschlechterung der steuerlichen Rahmenbedingungen eintreten, welche über das Ziel der GloBE-Mindestbesteuerungsregeln hinausschiesst.
Im folgenden Beitrag wird untersucht, welche Einschränkungen die bestehende Bundesfinanzordnung den Kantonen auferlegt, um einen höheren Gewinnsteuertarif ausschliesslich auf von der Mindestbesteuerung betroffene Gesellschaften anzuwenden. Es wird dargestellt, dass die Spielräume für selektive Gewinnsteuersatzerhöhungen eng begrenzt sind. Insbesondere darf ein selektiver kantonaler Gewinnsteuersatz die steuerliche Situation einer multinationalen Unternehmensgruppe im Vergleich zu einer alleinigen Anwendung der inländischen Ergänzungssteuer nicht in einem Umfang verschlechtern, welcher nicht mehr als unwesentlich bezeichnet werden kann.

Inhalt

  • I. Einleitung
  • II. Ausgangslage
  • 1. Grundzüge der GloBE-Mindestbesteuerung
  • 2. Grundzüge der Umsetzung der GloBE-Mindestbesteuerung auf der Stufe Bund
  • 3. Von der GloBE-Mindestbesteuerung unabhängig eingeführte progressive Gewinnsteuertarife
  • 4. Im Zuge der GloBE-Mindestbesteuerung beschlossene kantonale Gewinnsteuersatzerhöhungen
  • 4.1. Vorbemerkung
  • 4.2. Einführung zusätzlicher Gewinnsteuertarifstufen in den Kantonen Neuenburg, Waadtland und Schaffhausen
  • 4.3. Einführung flexibler Gewinnsteuersätze in den Kantonen Aargau und Appenzell Ausserrhoden
  • III. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit und internationale Kompatibilität von selektiven Gewinnsteuersatztarifen
  • 1. Gründe für spezifische tarifliche Massnahmen
  • 2. Art. 129a BV
  • 3. Grundsatz der rechtsgleichen Besteuerung und der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (Art. 8 Abs. 1 BV und Art. 127 Abs. 2 BV)
  • 3.1. Vorbemerkung
  • 3.2. Öffentliche Interessen
  • 3.3. Verhältnismässigkeit
  • IV. Schlussfolgerungen